Wien, 27. April 2018 – Public-Private-Partnerships (PPP) werden wieder zunehmend attraktiver, verlangen aber viel Vertrauen und Kommunikation sowie klare Verträge. Vor allem auf Unternehmensseite brauche es aufgrund der mehrjährigen Zusammenarbeit aber eine detaillierte Risikobewertung. Darüber sind sich die Diskutanten des siebten FM-Clubs der WISAG Service Holding Austria zum Thema „PPP – Die Quadratur des Preises“ einig: Anton Bondi de Antoni (Bondi Immobilien-Consulting GmbH), Johannes Karner (ÖBB-Immobilienmanagement Gesellschaft mbH), Paul Oblak (Magistratsdirektion der Stadt Wien, Stadtbaudirektion), Manfred Völker (Siemens Gebäudemanagement & -Services G.m.b.H.) und Erich Wimmer (Drees & Sommer GmbH). Durch die Veranstaltung mit rund 100 Gästen im Ocean’Sky des Wiener Haus des Meeres am 25. April 2018 führte Journalist Heimo Rollett (immobranche.at).
Thomas Fastenrath, Geschäftsführer der WISAG Service Holding Austria GmbH, betont eingangs, dass PPP-Verträge aufwändig und daher selten seien: „Ein Anbietervertrag braucht Bauträger, Finanzierer und ein Facility-Management-Unternehmen, das die Bewirtschaftung für das Objekt übernimmt. Hier eine Einigung zu finden, verlangt viel Kommunikation, Vorarbeit und damit auch Kosten, ehe man das Angebot legen kann. Daher schrecken noch viele Unternehmen davor zurück.“
Paul Oblak hebt dazu die Herausforderungen der öffentlichen Hand hervor: „Bei Bau und Instandhaltung müssen wir für eine vernünftige Kalkulation einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren ausschreiben. Dabei ist es natürlich schwierig, in die Zukunft zu blicken und Veränderungen bei Energie, Heizung oder Technik vorauszusagen. Für die Vertragslaufzeit besteht zudem das Risiko, dass private Beteiligte ausfallen. In Wien sind wir zusätzlich einem politischen Entscheidungsträger verantwortlich und müssen die Maastricht-Kriterien berücksichtigen. Das Objekt selbst sollte im Eigentum der Stadt Wien bleiben, auch das muss vertraglich für Projektabwicklung geregelt werden. Deshalb kommen wir bei PPP-Projekten nicht ohne juristische Begleitung aus, denn es braucht klare Verträge und eine intensive Diskussion, um für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation zu schaffen.“
Kreative Ideen bringen Anbietern Vorteile
Manfred Völker meint, herausfordernd für beide Seiten seien die langen Vorlaufzeiten: „Die öffentliche Hand muss sich überlegen, wie sie das Objekt nutzen will und welche Anforderungen es erfüllen muss. Bereits hier fließt enormes Knowhow in das Projekt. Bis zur Ausschreibung kann es bereits bis zu eineinhalb Jahren dauern. Ungefähr dieselbe Zeit braucht es, um das Angebot zu erstellen, denn die private Seite muss die Ausschreibung analysieren und umsetzen.“ Denn eine Ausschreibung verlangt meist ein ganzheitliches Angebot über 20 bis 25 Jahre und beim Preis sollte etwa der zu erwartende Energieverbrauch berechnet sein, so Völker. „Daher herrscht allgemeiner Konsens, dass mindestens ein Volumen von 10 bis 12 Millionen Euro notwendig ist, um ein PPP-Projekt abzuwickeln. Der Vorteil ist, dass man innovative Ideen einbringen und so Mitbewerbern voraus sein kann.“
Erich Wimmer betont, dass die öffentliche Hand bereits am Beginn des Projekts die Wirtschaftlichkeit untersuchen und daraus ableiten sollte, ob eine PPP oder eine herkömmliche Vorgehensweise wirtschaftlicher ist. Die private Seite wiederum sollte schon vor der Angebotslegung eine Risikoabschätzung vornehmen: „Dazu zählen interne und externe Kosten, wie Bankberater oder Rechtsanwalt. Die Angebotslegung kann bereits bis zu 1,5 Millionen Euro kosten. Das muss man berücksichtigen, denn eine Teilnahme an einer Ausschreibung bedeutet nicht, dass man auch den Zuschlag erhält.“ Und die private Seite verpflichtet sich für das gesamte Projekt neben der Instandhaltung u.a. auch zur Verfügbarkeit der Immobilie – ein Turnsaal einer Schule darf z.B. nur zwei Wochen pro Jahr nicht nutzbar sein, sonst drohen Strafzahlungen. Diese Risiken muss man abschätzen und antizipieren.“
Braucht Risikobewertung aller Beteiligten
Entsprechend sieht Anton Bondi de Antoni auch Preis und Finanzierung als entscheidende Kriterien. „Das große Problem ist, dass die private Seite die Finanzierung mitbringen muss. Das Objekt bleibt z.B. Eigentum der Stadt Wien. Mir fehlen als Bauträger also Sicherheiten für eine Hypothek. Hinzu kommt der Strafkatalog, wenn ich meine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfülle. Da stellt sich für die Bank und die Unternehmen die Frage, ob sich dieses Risiko lohnt. Aktuell sehe ich nur drei bis vier Anbieterkonstellationen, die sich das leisten können“. Hinzu kommt, dass Finanzierer nicht erst im Bieterverfahren Bauträger und Betreiber suchen können, da diese durch die gute Konjunktur gut ausgelastet sind. Für Bauträger und Betreiber bietet sich wiederum die Chance von PPP-Finanzierern, doch auch „die bringen gewissen Vorstellungen mit, die man berücksichtigen muss“.
Johannes Karner hingegen sieht PPP vor allem insofern als eine gute Entwicklung, „da sich der Auftraggeber klar überlegen muss, was er will. Für die private Seite sind mögliche politische und wirtschaftliche Änderungen zu berücksichtigen. Das verlangt eine Risikobewertung.“ Insgesamt bemerkt er jedoch, dass PPP zunehmend weniger von der Finanztangente getrieben sind und die Betriebskomponente in den Vordergrund rückt: „Die Finanzierung kann langfristig gut abgedeckt werden. Das ist die wesentliche Änderung der letzten Jahre und ein Grund dafür, dass PPP wieder aufleben.“